Herbert Witt vertellt: Dat letzte Geleit

veröffentlicht am 29. März 2003

Bi mi tohuus heff ick twee swatte Zylinners, de wi af und an bi’t Theoterspeelen brukt. De gehörten mienen Opa und mienen Vadder to. Dor stoht sogor noch jem ehr Nomens in. Dat wör nich nödig, wieldatt de beiden den glieken Dötz harrn, nee, dat wör deswegens nödig, dormit se, wenn se ünnerwegens wesen sünd, ok den richtigen Zylinner wedder mit an’t Huus bröchten.

Bit noh den letzten Krieg sünd de Mannslüüd bi besünnere Fierlichkeiten nämlich dörchweg mit swatten Paletot und Zylinner opkrüzt.
Dat gell’ ok för Beerdigungen. Dormols wör dat „letzte Geleit“ je nich in’ne ¾ Stünnen afdoon. Meist de ganze Dag güng dorbi fleiten. Ick will jo dat mol an eenen Döntje ut unsere Karkengeschicht verkloren, de för good hunnert Johrn mallört is.

Mien Opa hett dat mitbeleewt und uns to seine Leewtieden vertellt. Johr und Dag heff ick in uns’ Karkenböker nohleest:
An’n 25. Jänner 1901 is Johann, Heinrich, Ferdinand Peters storben. He harr sienen Buurnhoff in Reitbrook bi de Möhl, also orrig wat weg vun de Kark. An’n 27. Jänner – so’n richtigen oosigen Winterdag – schull he beerdigt warden.
As dat dormols gängig wör, is he eerstmol tohuus in’n open Sarg op de Vördeel opstellt worden. De mehrsten vun de Truergemeende hebbt sick tiedig an’n Vörmiddag op de Been mokt und sünd noh de Möhl hen tüffelt, üm Hannes nochmol „Tschüss“ to seggen. Dorbi hebbt de Froonslüüd sick mit’ne Tass Koffi opwarmt und de Mannslüüd eenen stieben Grog kregen. Denn is de Sarg dichtnogelt und op den Liekenwogen verfracht worden. De Liekenwogen – ick heff em noch kennenleernt – harr eenen schönen swatten Baldachin mit Fransen und Troddeln doran und wör vun twee Rappen trocken. Öber den Reitbrooker Vörderdiek güng de Reis’ noh de Kark hen. De Truergemeende marscheer’ den ganzen Törn achteran.

De Kark wör knüppeldicke vull. Ick weet nich, ob de Lüüd all’ sitten kunnen. Dat ganze Gestöhl wör doch een halw Johr vörher – in’n Juni 1900 – tohoop mit dat Pastorot opbrennt und keeneen kann mi seggen,ob de Kark all dat nee Gestöhl harr.
Jedenfalls hett Paster Hoffmann eene schöne und lange Predigt hollen, eene Predigt, de öberhaupt keen End’ nehmen wull. Dorbi wör Hannes Peters doch gorkeene so besünnere Person wesen. Wegen den langen Weg – dormols müsst man je alles tofoot afpedden – harr de Paster em to’n Gottesdeenst ok nich so oft to Gesicht kregen as annere. Wat dat Öller anbelangt, harr Hannes mit 67 Johrn je binoh dat biblische Öller tofooten. As Paster Hoffmann denn gornich so recht mehr wüsst, wat he noch vertellen schull, müsst he je Farw bekennen und säh: „Liebe Trauergemeinde! Es tut mir sehr leid, aber wir dürfen unseren lieben Verstorbenen noch nicht zu Grabe tragen, weil der Totenschein fehlt. Es ist aber bereits jemand unterwegs, ihn zu holen.“ Dormols geew dat obers noch keen Telefon, keen Fohrrad und ok keene Autos. Wat dat heet, den Stremel vun de Kark noh de Möhl und wedder trüch an so’n oosigen Winterdag aftopedden, dat könnt wi uns hüüt kuum noch vörstellen.

De Truergemeende kreeg ok langsom koole Fööt. Ob dat to de Tied all de Zentralheizung geben hett, dat müch ick betwiebeln. De mehrsten wören je ok all dree Stünnen op de Been. As de Lichten an de Kronlüchters all bannig rünnerbrennt wören, is de Dodenschien noch jümmers nich präsent wesen. Dor is eener vun de Buurn opstohn, hett sick vör den Sarg opstellt und luuthals preiht: „Je, Hannes, dat hest du nu dorvun. To dien Leewtieden hest du unsern Herrgott hier ofteens vergebens luuren loten. To Strof lett he di hier nu nohsitten!“ Dor kunn sick sogor Paster Hoffmann dat Lachen nich verkniepen. Dat wör meist düster as Hannes Peters denn doch noch mit unsern Herrgott sienen Segen ünner de Erd’ koomen is.

Wieldes de Froonslüüd achteran gau noh Huus büggelt sünd, marscheer-ten de Mannslüüd – as dat gängig wör – mit Paletot und Zylinner noh de Wirtschaften vun Adolf Öllrich und Mimi Knufflook, üm sick hier mit Grog optowarmen und dat Fell to versupen. Wieldatt de poor Hokens op Mimis Deel för de veelen Paletots und Zylinners nich reckten, hett man de Plünnen eenfach in de Slopstuuw op Mimis orrer Walters Bett smeeten. Nu stellt jo mol vör, wat dorbi rutsuurt, wenn eener loterhen versöcht, mit söss stiebe Grogs in’n Liew, ut so’n Stücker veertig swatte Zylinners – de all’ gliek utseht – sienen eegenen ruttosöken, wenn dor keene Nomens in stohn deen.