Die Bilder von Willi Langbein in der Dreieinigkeitskirche

veröffentlicht am 1. Juli 2014

 

Der Maler Willi Langbein (1895-1967) hat mit seinen 1929/1930 und 1958 entstandenen Werken wesentlich zur Prägung des  Innenraums der Dreieinigkeitskirche beigetragen.

 

Vorgeschichte:

Nach dem verhängnisvollen Brand des Pastorats am 27. Juni 1900, bei dem bis auf die fünf Bilder des Malers Ennoch Krull (1689-1749) aus dem Jahre 1725 hinter dem Altar (Jesus Christus als dem Weltenherrscher und die vier Evangelisten) sämtliche Hohlkehlengemälde der Kirche ein Opfer des Feuers wurden, war eine umfassende  Neuausmalung erforderlich.

Vorübergehend geschah dies durch Jugendstilmalereien des Nicolaus Pank nach Entwürfen von Prof. Paul Düyffcke (1847-1910) mit Blumenranken, offenen Bögen über den Fenstern, Blumenvasen in der Öffnung und Schmuckbändern als Rahmung. Ein Ausschnitt dieser Malereien ist 1985 im Treppenaufgang des hinteren  Eingangsbereichs angebracht worden. Ziel war jedoch eine Ausmalung der Kirche, die den Charakter einer Restauration tragen sollte, so Pastor Willi Dwenger 1930 in seinem Beitrag: „Die Restauration der Kirche zu Allermöhe und die 16 neuen Kirchenbilder W. Langbeins in der Dreieinigkeitskirche zu Allermöhe“ (in: Evangelische Rundschau Hamburg, Nr. 22 vom 18.11.1930). Dabei sollten, lt. Dwenger, die im Baxmann-Altar vorhandenen Farbtöne für das Gestühl, die Wände und die Balken  aufgegriffen werden.  Außerdem waren die einander gegenüberliegenden Altar- und Orgelemporen sowie die Bänke so zu behandeln, dass eine einheitliche Raumwirkung erreicht würde.

 

Umsetzung:

Nach diesen Vorgaben schuf Willi Langbein 1930 einen Bilderzyklus von 14 neutestamentlichen Gleichnis-Szenen (2 x 3 Meter groß in Öl auf Holzgrund). Dwenger zufolge darin enthalten vier Trilogien (Trilogie = Werk aus drei selbständigen, inhaltlich aber zusammengehörenden Teilen) und zwei allegorische Darstellungen von Glaube und Liebe. Letztere befinden sich jeweils rechts und links der Altarempore. 1958 ergänzte er auf der Orgelempore die Allegorien um Darstellungen von Hoffnung und Gerechtigkeit. Im Großen und Ganzen orientierte sich Langbein an der italienischen religiösen Decken- und Gewölbemalerei des 16./17. Jh., wie Bärbel Manitz 1995 ihrem Buch „Willi Langbein. Das malerische Werk“ meint.

Hier zunächst die jeweils einer der vier Allegorien zugeordneten vier Trilogien (bearbeitete Fotografien, zum Betrachten die Miniaturen anklicken):

 

 

Die Darstellung der weiteren Gleichnisse vom blinden Blindenführer und dem guten Hirten sieht wie folgt aus (bearbeitete Fotografien, zum Betrachten die Miniaturen anklicken):

 

Darüber hinaus stattete er die Orgelempore, jeweils außen, mit zwei Doppel-Bildnissen der Evangelisten Matthäus/Markus und Lukas/Johannes aus; dazwischen befindet sich die Bilderreihe von Max Grunwald.

 

Des Weiteren hat Willi Langbein 1930 die vier Bilder am Kanzelkorb geschaffen, die Taufe Jesu,  der 12-jährige Jesus im Tempel, die Bergpredigt Jesu und der wundersame Fischzug des Petrus:

 

Unübersehbar findet sich im hinteren Eingangsbereich der Kirche das von Langbein gefertigte große Gemälde der Geschichte von den Emmausjüngern (Lukas 24, 13-35), hineinkomponiert in die Allermöher Landschaft.

Emmausjünger

Emmausjünger

 

Von Willi Langbein stammt im übrigen auch das neben dem Kirchenvorstehergestühl befindliche Porträt des letzten hamburgischen Landvogts in den Marschlanden und Kirchenvorstehers Hermann Odemann.

Aus seiner Tätigkeit in der Dreieinigkeitskirche ergab sich für Langbein eine Freundschaft mit dem damaligen Gemeindepastor Willi Dwenger, wie Briefe aus den 1950/ 1960er-Jahren zeigen. Auch war Langbein seit seinen frühen BerlinerTagen mit dem Maler Max Grunwald gut befreundet. Nach anfänglicher Befremdung darüber, dass Max Grunwald in den 1950er-Jahren mit religiösen Bildern (unabgesprochen!) in Allermöhe in den Bereich seiner künstlerischen Obhut eingebrochen war, setzte sich Langbein am Ende doch für Grunwalds Ergänzungen ein, die heftiger Kritik ausgesetzt waren.

 

Zur Person Willi Langbein:

Willi Langbein 1960

Willi Langbein (1895-1967) wurde in Berlin geboren. Dort erhielt er auch von 1911/14 an seine künstlerische Ausbildung. Von 1925 lebte und arbeitete er bis zu seinem Tode (1967) in der Kieler Vorort-Gemeinde Elmschenhagen. Seine erste Frau Hulda, geb. Vogt, verstarb 1954. Er heiratete in zweiter Ehe die Gemeindeschwester Hildegard Peper. Langbein war ein Maler des Spätimpressionismus und des Realismus. Er beschäftigte sich überwiegend mit der Darstellung von Landschaften, Stillleben, Blumen- und Portraits. Auch für Wehrmachts- und Marineunterkünfte schuf er Wandmalereien und beteiligte sich am Wettbewerb für die Ausmalung des Kongresssaales des Deutschen Museums München. B. Manitz zitiert in ihrem Buch den Zeitzeugen Karl Rickers, der darauf hinweise, dass sich Langbeins Verhältnis zum Nationalsozialismus eigentlich in der Feststellung erschöpfe, dass er eben keines hatte. Es sei eine Sphäre gewesen, die von seiner eigenen weltweit entfernt war. Gleichwohl drohte ihm Berufsverbot, weil er zunächst nicht dem „Bund Deutscher Maler und Graphiker“ beitreten wollte. Aus religiöser Überzeugung lehnte er es auch ab, in der Moorburger Kirche ein Gefallenen-Ehrenmal mit Darstellung des nationalsozialistischen Rachegedankens zu malen.

 

Reinigung des Gemäldes vom verlorenen Schaf

Reinigung des Gemäldes vom verlorenen Schaf

Die tiefreligiös durchdachten Werke Willi Langbeins – von einigen Betrachtern abschätzig als Bauernmalerei bezeichnet – haben der Dreieinigkeitskirche die barocke Anmutung ihrer ursprünglichen Raumgestaltung erhalten und geben dem Kirchenraum zusammen mit den Gemälden Max Grunwalds ein farblich abgestimmtes einheitliches Raumgepräge. Sie verdienen es, in ihren Details und Zusammenhängen betrachtet und zu ihrem Erhalt durch erfahrene Restauratoren nach vielen Jahrzehnten ihrer Existenz gereinigt zu werden.

 

Volker Schübel