Vieles erinnert an den erdverbundenen Gottesmann
Allermöhe (ve) – Bergedorfer Zeitung
„Eigentlich wollte ich höchstens zehn Jahre auf einer Pfarrstelle bleiben. Dann sollte spätestens ein Wechsel fällig werden. Doch mehr als ein Vierteljahrhundert hat eine gewisse Kontinuität gebracht“, zieht Pastor Hans-Jürgen Preuß über seine Amtszeit seit 1974 in der Gemeinde Allermöhe-Reitbrook Bilanz, die am Sonntag mit dem Abschiedsgottesdienst in der Dreieinigkeitskirche endet.
Doch auch in einer auf den ersten Blick idyllisch und ruhig scheinenden ländlichen Gemeinde gab es in den 27 Jahren reichlich Abwechslung für den Gottesmann, der auch irdische Probleme anzupacken versteht. Auch wenn sie anders sind als in seiner vorherigen Gemeinde auf St. Pauli. „Nicht man, sondern wir selbst müssen etwas tun. Sonst geschieht nichts , ist sein Motto. Er sieht in der Kirche nicht nur das erhaltenswerte Bauwerk, sondern den Versammlungsort.
So war es konsequent, dass er für die Gründung der Bürgerinitiative gegen die südliche Güterumgehungsbahn (BISGUB) 1976 die Kirche öffnete, weil der Gemeindesaal zu klein war. Neun Jahre dauerte der Kampf gegen das mit einem bis zu 14 Meter hohen Damm durch die Marsch geplante Bauwerk, bis es vom Tisch war. Kritik sollte konstruktiv sein: Um Schutz vor dem Lärm der Autobahn zu erhalten, wurde der Lärmschutzwall auf Pastor Preuß‘ Anregung gebaut. „Es fehlt nur noch Lärmschutz an der Brücke über den Entwässerungsgraben , sagt er. Derartige Beispiele lassen sich für den sechsten Pastor an der Dreieinigkeitskirche im 20. Jahrhundert fortführen. „In meiner Zeit habe ich viele engagierte Menschen kennen gelernt , stellt er fest.
Sein schönstes Projekt war 1994 das Anbringen des neuen Geläuts im hölzernen Turm der Kirche. Zur Glocke Osanna von 1483 wurde die alte, im ersten Weltkrieg abgehängte aber dann doch nicht für Kano nen eingeschmolzene – Bieber-Glocke von 1735 nach einer Reparatur zurückgebracht. Die dritte, die Shalom-Glocke wurde 1994 passend dazu gestiftet. Die Eisenglocken aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg stehen am Eingang zum Friedhof.
Das durch Pastor Preuß geprägte weltliche Engagement der Gemeinde schlägt sich in einer hohen Beteiligung zur Kirchenvorstandswahl nieder. Von den mehr als 50 Prozent Wahlbeteiligung können andere Gemeinden nur träumen. Das Engagement ist bewusst dem nicht auf die nähere Umgebung beschränkt. Mit Kollekten werden drei Projekte in der dritten Welt unterstützt: Zum einen das Internat für Christen und Muslime, die Theodor-Schneller-Schule in Amman. Das zweite Projekt ist das Kinderhilfswerk Ayudame in Peru.
Außerdem unterstützt die Dreieinigkeitsgemeinde die evangelisch-lutherische Gemeinde Beit Jala bei Bethlehem mit ihrer Arbeit für friedliche Koexistenz in der Region. So ist es nicht verwunderlich, dass die Kollekte am Sonntag in dem um 15 Uhr beginnenden „‚Abschiedsgottesdienst für die Abrahams-Herberge, dieser Gemeinde erbeten wird. Nach der Entpflichtung durch Propst Lindemann im Gottesdienst bittet die Gemeinde zum Empfang ins Gemeindehaus.
Pastor Hans-Jürgen Preuß zieht Ende Mai nach Glinde, räumt das Pastorat für seinen Nachfolger Sven Lundius. „Dann werde ich nur noch Amtshandlungen wahrnehmen, die ich jetzt angenommen habe. Sonst will ich mich für ein Jahr von kirchlichen Aktivitäten zurückhalten“, sagt er. Seine kircheninternen Ehrenämter hat er bereits niedergelegt. Hans-Jürgen Preuß möchte dann wissenschaftlich arbeiten, sich zum Beispiel mit dem Werk von Hein Baxmann beschäftigen. Er schuf den herrlichen Altar in der Dreieinigkeitskirche. Auch der Pilgerweg nach Santiago de Compostella wird Hans-Jürgen Preuß weiter beschäftigen.