Corona-Virus: Einschränkungen und Veränderungen

veröffentlicht am 6. Juni 2020

Liebe Leserin, lieber Leser,

Pastor Michael Ostendorf

nun leben wir schon seit Mitte März mit den Einschränkungen, die das Sars Corona Virus 2 notwendig gemacht hat. Stück für Stück wurde der Umgang, wurden die Maßnahmen, angepasst. Und das sind erhebliche Einschnitte in das gesellschaftliche Leben. Die Kontaktbeschränkungen fallen vielen ganz schön schwer. Verhaltensweisen, die lange eingeübt waren und als „anständig“ galten, waren plötzlich falsch. Nähe und Händeschütteln sollten plötzlich nicht mehr sein. Gar nicht so leicht, sich den Reflex, die Hand zur Begrüßung zu reichen, abzugewöhnen. Auch nach Wochen passiert es immer wieder mal. Und auch die Abstandsregeln sind noch lange nicht in „Fleisch und Blut“ übergegangen. Wie auch? Wir brauchen menschliche Nähe. Wir brauchen Kontakt. Wir brauchen einander. Das gilt für die Kinder aber auch für uns Erwachsene. Dieses Abstandhalten wird auf Neudeutsch „social distancing“ genannt. Gemeint ist eben der Abstand. Der körperliche Abstand. Gemeint ist aber nicht der soziale Abstand. Soziales Zusammenrücken ist gerade jetzt gefragt und geboten. Familiäre- und Nachbarschaftshilfe. Insofern trifft der Begriff nicht das Gemeinte und das Geforderte. Aber es ist wie so vieles andere auch. Es ist neu! Eine neue Situation. Ein grundlegend verändertes Leben.

Veränderungen

Und diese Veränderungen betreffen auch unser kirchliches und unser gemeindliches Leben. Kreise finden nicht statt. Gottesdienste ebenso wenig. Dinge, die uns lieb und vertraut sind, können nicht sein. Das tut weh! Jede und jeder erlebt das ganz persönlich und vielleicht auch ganz unterschiedlich. Jeder muss für sichverantwortliche Entscheidungen treffen und abwägen, was richtig und notwendig ist. Das ist mal einfacher und mal schwerer. Das gilt auch für mich persönlich und meine pastorale Arbeit. Was muss ich tun, was muss ich lassen? Beerdigungen im Freien und in kleinerem Rahmen. Seelsorgegespräche auf Distanz oder auch im Garten. Kontakte aufrechterhalten über Mail, WhatsApp oder ganz besonders per Telefon. Konfirmandenunterricht erst einmal gar nicht. Taufen und Trauungen mussten abgesagt oder verschoben werden. Die Konfirmation soll nach vorläufigen Planungen am 15.3.2020 die spontane Idee, eine Live-Übertragung auf Facebook zu machen. Das war ganz einfach. Facebook auf dem Handy aufrufen und auf „Live“ drücken. Und schon wurde der Gottesdienst öffentlich für die Menschen, die auf Facebook angemeldet sind. Das sind nicht alle. Und schon gar nicht diejenigen, die sonst regelmäßig unsere Gottesdienste mitfeiern. Aber es sind doch ein ganze Menge. Und auch Menschen, die vorher gar keine Beziehung zum Sonntagsgottesdienst hatten. Jedenfalls war die Reaktion sehr groß und überaus positiv. Und für mich sehr überraschend. Sogar die Bergedorfer Zeitung war aufmerksam geworden. Und es hatte sich schnell herumgesprochen, dass es sonntags zur gewohnten Zeit etwas zu sehen gäbe. Einige haben sich sogar extra deswegen auf Facebook angemeldet. Seitdem gibt es unsere Livestream-Gottesdienste. Aus der spontanen Idee wurde ein Konzept. Das Evangelium des jeweiligen Sonn- oder Feiertages. Ein Lied. Musik. Und ein passendes Bild aus einer unserer Kirchen. Das alles in dem Moment der Liveübertragung zusammengebracht.

Spontan, lebendig, live! Das Handy meist in der Hand. Oder auch mal auf einem Stativ. Das ist nicht professionell! Das ist das, was mir und uns in dieser Situation möglich gewesen ist. So sind wir durch die Passions- und Osterzeit gegangen. Die Gottesdienste werden rund von 40 Geräten live verfolgt. Manchmal sitzen Familien zusammen. Oft werden die Videos im Nachhinein geteilt, angeschaut und kommentiert. Auf meiner Internetseite, www.pastor-x.de können alle Filme und manchmal auch Ausschnitte daraus angeschaut werden. Den Ostermontagsgottesdienst haben so ungefähr 550 Menschen miterlebt. Ganz herzlich möchte ich Petra Schröder und Volker Schübel danken, die ganz engagiert und kreativ diesen Weg mitgegangen sind und sich persönlich eingebracht haben! Danke!

Bildersammelsurium aus den Livestreams

Gottesdienst?

Nun dürfen Gottesdienste unter strengen Rahmenbedingungen wieder stattfinden. Als Schlagzeile wird wahrgenommen, die Gottesdienste gehen wieder los. Und ich werde gefragt „Pastor Ostendorf, wann geht es bei uns wieder los?“ Zu gerne würde ich sagen: „Sofort!“ Aber so einfach ist das leider nicht. Der mir wirklich liebe ganz normale Sonntagsgottesdienst hat ziemlich viele Hürden. Hierbei beziehe ich mich auf die Handlungsempfehlungen der Nordkirche vom 4.5.2020. Da sind die Hygienevorschriften. Da sind die Verbote. Und da ist meine persönliche gesundheitliche Situation. Ich selbst bin tatsächlich ein echter „Risikopatient“! da bin ich nicht ängstlich, aber dennoch sehr vorsichtig. Ich muss für mich persönlich abwägen. Das kann mir keiner abnehmen. Und ich möchte alle in meine Gedanken hineinschauen lassen. Also los.

1.) Die Rahmenbedingungen: In geschlossenen Räumen muss es einen Mindestabstand von 2 Metern nach allen Seiten hin geben. Die Faustregel lautet „pro Person mindestens 10 wenn nicht gar 20 Quadratmeter Platz“. Es muss eine Anwesenheitsliste geführt werden, um mögliche Infektionsketten nachvollziehen zu können. Es muss die Möglichkeit des Händewaschens oder/und der Handdesinfektion geben. Es muss eine Maske getragen werden. Es muss jemanden geben, der auf die Hygiene achtet und dann auch regelmäßig Türgriffe, Bänke (Polster sollten entfernt werden!) usw. desinfiziert. Nimmt man diese Bedingen an, dann ergeben sich beispielsweise für die Dreieinigkeitskirche Allermöhe-Reitbrook folgende Umstände. Der infrage kommende Raum des Kirchenschiffs beträgt ca. 13×13 Meter. Das sind 169 Quadratmeter. Bei 10qm dürften dann 17 Menschen am Gottesdienst teilnehmen. Nähme man aber die große Quadratmeterzahl von 20qm, dürften aufgerundet 9 Personen dabei sein. Zu dieser eingeschränkten Personenzahl kommt 2.) die eingeschränkte Möglichkeit der Beteiligung hinzu: Es wird keine Gesangbücher geben dürfen. Ebenso darf nicht gesungen werden. Nach dem Gottesdienst darf sich nicht versammelt werden. Außerdem können keine Fahrgemeinschaften gebildet werden, da das Abstandsgebot natürlich auch hier gilt. Für mich ist das eine wirklich schwer abzuwägende Entscheidung. Die Frage ist, möchte ich für diese skizzierte Gottesdienstform das erhöhte Infektionsrisiko auf mich nehmen? Nach allem Für und Wider muss ich sagen, nein, das möchte und das kann ich nicht. Ein Gottesdienst ohne Gesang, ohne die Möglichkeit für die noch kleinere Gemeinde sich aktiv zu beteiligen und den gänzlich unmöglichen Gemeindegesang in der Liturgie. Und auch die Umsetzung der Hygienemaßnahmen können wir nicht vollumfänglich leisten.

Vorschlag

Daher möchte ich eine Form anbieten, die beides möglich macht: Den Livestream-Gottesdienst und das Kommen in die Kirche für ein persönliches Gebet und eine Kerze anzuzünden. Der Livestream (facebook.com/ostendorf.lieder) findet jeweils zu den gewohnten Gottesdienstzeiten (um 10 bzw. um 11 Uhr) statt und dauert bis zu einer Stunde. Im Anschluß bleibe ich für jeweils zwei Stunden für einen persönlichen Kontakt in der für alle geöffneten Kirche. Natürlich ist auch dann auf die Hygiene zu achten, Abstand zu halten und Maske zu tragen.

Bis auf Weiteres

Sollte es wider Erwarten eine schnelle Lösung im Umgang mit dem Sars Covid 2 Virus geben, würde ich unverzüglich auf die neuen Gegebenheiten reagieren. So lange hoffe ich aber auf Ihr Verständnis für das veränderte „Gottesdienstangebot“.

Herzliche Grüße Ihr Michael Ostendorf