Eine Reise auf den Spuren Martin Luthers

veröffentlicht am 3. Dezember 2017

Vom 16.-21.10.2017 war eine kleine Gemeindegruppe mit 21 Erwachsenen und 2 Kindern unterwegs zu den Stätten der Reformationsereignisse vor 500 Jahren. Perfekt organisiert durch die Reise Mission Leipzig. Danke! Kurz vor den großen Feierlichkeiten hatten wir Gelegenheit vieles zu erkunden, etwas zu hören, zu lernen und anzuschauen. Und das bei bestem Wetter.

Es war eine wunderbare Woche!

In einem kleinen Reisebus wurden wir von Angelo – unserem Fahrer – in Allermöhe abgeholt. Kaffee war gekocht. Kekse immer frisch. Und das jeden Tag neu! Was für ein Service.

Erste Station war als  Fahrtunterbrechung Wernigerode im Harz. Dann ging es weiter  nach Erfurt, wo wir unser Hotel am Flughafen für drei Nächte bezogen.

Von dort aus dann am nächsten Tag nach Eisenach und am Nachmittag rauf zur Wartburg. Erste intensive Begegnungen mit der Person Luthers und der Ausstellung „Luther und die Deutschen“.

Natürlich ist vieles Geschichte, wenn nicht gar Legende. Luther hieß nicht ursprünglich Luther. Sein Geburtshaus war wohl nicht das ursprüngliche Geburts- und das Sterbehaus nicht das historische Sterbehaus. So konnten wir später in Eisleben lernen.

Schon damals genoß der als Martin Luder geborene Reformator große Verehrung. So groß, dass viele gerne etwas von Luther mitnehmen wollten. Holz vom Bett, vom Schreibtisch, von den Fenstern, aus dem Fachwerk wurde raus gekratzt oder gebrochen. Fast eine Art von Heiligenverehrung, die er selbst immer für sich abgelehnt hatte. Dazu hatten auch die Bilder von Lucas Cranach dem Älteren beigetragen, der Luther sozusagen exklusiv malen und damit auch interpretieren durfte. Luther, der meist gemalte Mensch seiner Zeit.

Die Denkmäler oft überlebensgroß. Die Person hinter all den ikonenhaften Darstellungen zu finden – gar nicht so einfach. Und dennoch haben uns unsere Guides an allen Orten lebendig von Menschen und Ereignissen berichtet. Haben Luther und seine Mitstreiter in die Zeitgeschichte eingeordnet und so manche Stätte lebendig werden lassen. Erfurt mit Augustinerkloster – Eisleben mit Taufprojekt in Luthers Taufkirche – Leipzig mit Bezug auf die Disputation mit Johannes Eck – Halle mit der Sterbemaske Luthers – Wittenberg mit Luther- und Cranachhaus, Universität, Stadt- und Schlosskirche. Überall „Ein feste Burg ist unser Gott“, überall „Lutherrosen“, überall die Möglichkeit eine „Lutherdevotionale“ zu kaufen.

Und Bücher! Schon im Vorfeld hatten wir uns mit der Theologie Luthers beschäftigt. „Sola Fide“. Allein der Glaube, allein Christus, allein die Schrift, allein die Gnade. Nicht Ablass – päpstlicher Handel mit dem Erlass von Fegefeuerstrafen – sondern, dass das ganze Leben eine Buße sei. Dahin war es ein weiter Weg. Eine Entwicklung. Von Luder zuLuther (dem Freien). Viele andere waren vor und neben Luther so unterwegs. „Zu den Quellen!“ Ohne Vermittlung durch Papst, kirchliche Tradition und Autoritäten.

Humanismus und Wissenschaft blühten auf. Das ganze Leben war im Umbruch. Amerika wurde entdeckt, der Globus stellte das neue Weltbild dar, von dem es spätestens seit Kopernikus Kenntnis gab. Und diese Erkenntnisse konnten durch den Buchdruck und das entstehende Postwesen weit und breit veröffentlicht werden.

Luther knüpfte bei vielem an, spitzte es konsequent zu und ließ sich ganz offensichtlich auch nicht durch Drohungen von seinem Weg abbringen. „Hier stehe ich…!“ Papst und Kaiser in Machtinteressen verstrickt: Die größte Kirche bauen. Ein Weltreich errichten, in dem die Sonne nie untergeht.

Das konnte Luther nicht imponieren, ihn nicht abbringen. Andere und ihre Haltungen und Handlungen schon. Und da konnte er wütend über das Ziel hinaus“schießen“ besser: schreiben, predigen und reden.

Das hatten die Bauern, die Schwärmer und die Juden leidvoll zu spüren bekommen. Luthers Freiheitsbegriff war in allererster Linie eine Verhältnisbestimmung zu Gott. Das war laut Luther nicht einfach übertragbar.

„Freiheit eines Christenmenschen“! Gerechtigkeit vor Gott war alles bestimmend. Nicht die Gleichheit aller Menschen im weltlichen Sinn. Ordnung musste sein. Vor Aufruhr und Chaos hatte Luther Angst! Da war der Teufel am Werk! Dagegen hatte er polemisiert und oft auch derbe beleidigt und die Fürsten zum offenen  gewaltsamen Kampf aufgefordert. Den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Da erschien vieles widersprüchlich, ambivalent und abschreckend. Es ist und bleibt zu Luther gehörig. Deshalb ist die Feier der Reformation nicht rückwärtsgewandt.

Es gilt Luthers Freiheit und Luthers Gerechtigkeit in allen Beziehungen durch zu buchstabieren. Das eigene Denken, den eigenen Glauben in Bezug auf die Welt und auf Christus immer wieder neu auszurichten.

Schauen, was „Christus heute treibt“. Dafür Worte, die eigene Sprache finden und den Mund aufmachen. Dazu war diese Reise wahrlich angetan: Erfahrungs- und lehrreich! Und genau dazu hatte Luther ja selbst immer wieder eingeladen: Zu kritischer Würdigung. Das ist Grund zu feiern.

Michael Ostendorf

Foto: Ingolf Stolzenburg